Tränenhalsband
Selma Meerbaum-Eisinger
Die Tage lasten schwül und schwer, voll wildem,
bangem Weh. Es ist in mir so kalt und leer, daß
ich vor Angst vergeh'.
Die Vögel ziehn gen Mittag hin, sie sind schon
lange fort. Schon seh' ich keine Aster blühn,
und auch die letzten Falter fliehn, die Berge
sind mit Herbst umflort.
Ich bin in Sehnsucht eingehüllt, ich sehne mich
nach dir. Mein heißes Sehnsuchtslied erfüllt
die Welt und mich mit ihr.
Der Regen, der eintönig rauscht, begleitet
meinen Sang. Und wer dem Regenliede lauscht und
wer sich an dem Weh berauscht, der hört auch
meines Liedes Klang.
Nur du allein, du hörst es nicht - ach, weiß ich
denn, warum? Und wenn mein Lied einst gell,
zerbricht, du bleibst auch kalt und stumm.
Dir macht es nichts, wenn jeder Baum mitleidig
fleht: so hör! Du gehst vorbei und siehst mich
kaum, als wüßtest du nicht meinen Traum,
und 's fällt dir nicht mal schwer.
Und doch bist du so bleich bedrückt, wie einer
der versteht, der seine Seufzer schwer erstickt
und schwer beladen geht.
Und doch ist Weh in deinem Blick, um deine
Lippen Leid. Verloren hast du wohl das Glück,
es kommt wohl nimmermehr zurück, und du -
du bist "befreit".
Nun ja, das Glück war dir zu schwer, du hast es
hastig-wild verstreut, und nun sind deine
Hände leer, es füllt sie nur noch Einsamkeit.
So stehst du da und wirfst den Kopf mit starrem
Trotz zurück, und sagst, was du ja selbst nicht
glaubst - "Ich pfeife auf das Glück!"
Und dann, wenn es schon längst vorbei, stehst du
noch da und starrst ihm nach, dann sehnst du
es so heiß herbei, es ist dir nicht mehr einerlei
- dann bist du plötzlich wach.
Zurück jedoch kommt es nie mehr - denn rufen
willst du nicht, und wäre die Leere so unendlich
schwer, daß dein Rücken darunter bricht.
So tragen wir beide dasselbe Leid, ein jeder für
sich allein. Mich krönt aus Tränen ein schweres
Geschmeid' und dich ein Sehnsuchtsedelstein.
Und der Wind singt uns beiden den ewigen Sang
von Sehnen und Verzicht, doch auch wenn es
dir zum Sterben bang - du rufst mich trotzdem nicht.
Necklace of Tears
Selma Meerbaum-Eisinger
The days press close and heavily full of wild and anxious pain.
I feel so cold and empty
As if I were dying of fear.
The birds migrated by noon and are long since gone.
Already, I see no Aster in bloom,
The last butterflies have flown
And mountains are misted with autumn.
I am wrapped in longing; I yearn for you.
The world and I are filled
By my ardent song of desire.
The monotonous, murmuring rain accompanies my voice.
And whoever listens to the song of rain
Intoxicated with pain,
Also hears the sound of my song.
Only you alone do not hear it - I know not why.
And if my song in days to come should break upon you,
Cold and silent will you remain.
You do not care whether every tree pleads in pity,
So listen! You walk past and hardly see me
As if you did not know my dream
And it weighs so little upon you.
And yet, you are so pale and depressed like one
Who understands but chokes his sighs
And, heavily laden, passes on.
But pain is in your gaze and sorrow upon your lips.
Truly, you have lost your happiness
That never more will return, but you -
You are 'relieved'.
Well, happiness was too much for you.
You have strewn it far and wide; and now your hands
Are empty, filled only with loneliness.
There you stand with unyielding spite,
Throw back your head and say what you do not believe yourself
"I do not care to be happy".
Then, when all is long in the past, you will stand there, still,
And stare after it with such ardent longing
That you are indifferent no longer;
- then, you will suddenly wake.
It will never return, however,
Because you do not want to recall it even if emptiness
Were an unending burden that would break your back.
And so we bear identical sorrows, each for ourselves alone.
I am crowned with a heavy jewel of tears
And you with a gemstone of longing.
And the wind sings to us both the eternal song
Of yearning and rejection. Yet, even when
In fear of dying, you will, nonetheless, not call for me.
Translation: © David Paley
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