Rote Nelken
Selma Meerbaum-Eisinger
Ich habe Angst. Es drückt auf mich das Dunkel jeder schwülen Nacht.
Es ist so still, und mich erstickt des großen Schweigens schwere Pracht.
Warum, warum bist du nicht da? Ich hab' gespielt, ich weiß - verzeih.
Ich hab' mit meinem Glück gespielt - es ging entzwei - verzeih.
Es tut so weh, allein zu sein. Drum komm, ich warte ja.
Wir lachen uns ein neues Glück, so glaub es doch und komm zurück -
es ist ja so viel Lachen da.
Schau mich doch an. Ist wohl mein Bild noch da in deinem fernen Blick?
Ich will dich, wie die Traube will, daß man sie, wenn sie reif ist, pflückt.
Mein Haar, es wartet. Und mein Mund will, daß du wieder mit ihm spielst.
Sieh - meine Hände bitten dich, daß du sie in die deinen hüllst.
Sie sehnen sich nach deinem Haar und sehnen sich nach deiner Haut,
wie nach dem Traum sich sehnt ein Kind, das ihn auch nur einmal geschaut.
Schau, es ist Frühling. Doch ist er blind, er weint ja immerfort.
Solange wir nicht beisammen sind, so lange weint er wie der Wind,
dem der liebste Wald verdorrt.
Sieh, alles wartet nur auf uns: es warten alle Wege, alle Bänke.
Es warten alle Blumen nur, daß ich sie pflücke und dir schenke.
Du hältst die Sterne, die auf unsrer Schnur noch fehlen, in der Hand.
Du hast sie keiner anderen umgehangen.
Und findest du für sie nicht bald ein neues Band,
so hast du mit den vollen Händen nicht was anzufangen.
Sieh - unsre Schnur, sie wartet noch. Ich hab' sie zärtlich aufgehoben.
Es fehlt auch nicht ein einz'ger Stern und's ist kein fremder mit verwoben.
Wir müssen nicht um neue Schnüre fragen. Die alte ist noch schön und lang.
Und hast du auch noch tausend Sterne in der Hand -
sie kann noch zehnmal tausend tragen.
Du bist so stark. Ich möchte mich so gern in deine Arme lehnen.
Wenn du mich führst, so geh ich schnell.
Entsinnst du dich noch jener Nacht, der Schnee war weich und klingend hell,
in der dein Arm mich stark umfing und ich so schnell und sicher ging,
als war' ich groß wie du?
O, komm und führe mich so gut von Hindernis zu Hindernis.
Ich will gewiß nicht müde sein,
ich bin dann sicher nicht mehr klein und brauche keine Ruh'.
Und dann - in unsrem Liebeszelt,
o dann, dann werfen wir der Welt das hellste Lachen zu.
Nicht wahr, du kommst? Ich wein' nicht mehr. O nein, ich bin ja nicht mehr leer,
du kommst gewiß, du kommst geschwind, o du mein starker, schöner Wind -
du wirst zum Sturm und reißt mich mit in deinem heißen, wilden Ritt.
Ich bin noch hier. Der Traum ist aus. Ich bin allein -
wie roter Wein, so kocht mein heißes Blut.
Du bist nicht da - und warst so nah, und warst so süße, wilde Glut.
Der Frühling weint. Er weint um uns. Wirst du ihn ewig weinen lassen?
Du bist so gut. Drum komm zurück - du sollst mich um die Schultern fassen,
wir wollen glühn so wie im Traum,
wir wollen blühn wie Baum nach Baum aufblühen werden dicht bei uns.
Ich will dann lachen. Und dann klingt die ganze Luft -
die Sonne klingt. Das Wasser klingt, es klingt die Nacht -
so hör, ich hab' für dich gelacht!
Red Carnations
Selma Meerbaum-Eisinger
I am afraid. The darkness of all those sultry nights presses upon me.
It is so quiet and the heavy splendour of this great silence is suffocating.
Why, oh, why are you not here? I played a trick, I know- forgive me.
I played with happiness- it all went wrong- forgive me.
It is so painful to be alone. Oh, come. I'm waiting so.
We shall laugh and renew our happiness, believe me. Come back.
There will be so much laughter there.
Look at me. Is my image not still there in your far off gaze?
I want you like the grape desiring to be picked when ripe.
My hair awaits. And my lips want you to play with them, again.
Look- my hands implore you to cradle them in yours.
They long for your hair and long to touch you
As a child longs for the dream that once it saw, before.
Look! It is spring; but it is blind- weeping all the while.
As long as we are not together, it weeps so long like the wind
that withers the dearest wood.
Look! Everything waits for us; all the paths and all the benches wait.
All the flowers just waiting for me to pluck them and present to you.
In your hands, you hold the stars missing from our string.
You have not hung them about another;
And, if you cannot soon find a ribbon for them,
You will not be able to begin with your hands so full.
Look! Our string! It waits the while. I have picked it up with such affection.
Not a single star is missing nor is another woven with it.
We need not ask for some new string. The old one is still long and lovely.
And were a thousand stars within your hand, it can still bear ten thousand others.
You are so strong. I would so like to lean upon your arm.
When you lead me, I walk quickly.
Do you still recall that night? The snow was soft and sounding bright,
Whilst your arm embraced me strongly and I walked so quickly and securely,
as if I were tall like you?
Oh, come and lead me from one obstacle to another. I shall, certainly, never tire
For then, I shall be no longer small and need no rest.
And then, in our canopy of love,
Oh, then, then, we shall cast our brightest laughter upon the world.
You will come, won't you? I shall weep no more. Oh, no! I am no longer empty.
Of course, you'll come. So swiftly will you come. Oh, you, my strong and beautiful wind-
You will resemble a storm and sweep me up in your hot, wild gallop.
I am still here. The dream is over. I am alone- my hot blood boiling like red wine.
You are not here- but were so near, and were such sweet, wild ardour.
Spring is weeping. It weeps for us. Will you let it weep forever?
You are so kind. Therefore, return to me and place your arm around my shoulders.
We shall glow as in my dream.
We shall bloom as tree after tree blossoms thickly around us.
Then, I shall laugh. And then, all the air shall sound- the sun shall ring;
the water splash; the night resound-
So listen! I have laughed for you.
Translation: © David Paley
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